INTERVIEW: Albrecht Metter von ameria über interaktive Schaufenster
von Gastautor
Interaktive Schaufenster werden den Handel der Zukunft verändern, ist sich ameria-Geschäftsführer Albrecht Metter sicher – und bietet mit dem sogenannten virtuellen & interaktiver Promoter (VIP) als eines der ersten Unternehmen in Deutschland dem Handel eine entsprechende Lösung an. “Die Interaktion mit dem VIP basiert auf Grundlage von Gestensteuerung mit der Microsoft Kinect. Die Technik dahinter, welche ursprünglich aus dem Bereich des Home-Entertainment kommt, ist sehr ausgereift und bietet eine Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten”, sagt Albrecht Metter. Wir haben mit ihm im Vorfeld der Konferenz Retail (R)Evolution am 27./28. Januar 2014 in Berlin, wo Albrecht Metter einer der Referenten ist, über Handelskonzepte von morgen gesprochen.
Location Insider: Was muss man sich unter „New Art of Shopping“ vorstellen?
Albrecht Metter: Bei „The New Art of Shopping“ handelt es sich um ein zweideutiges Wortspiel. Zum einen soll damit – sinngemäß des deutsches Wortgebrauchs – die neue „Art und Weise“ des Einkaufens zum Ausdruck gebracht werden. Unser virtuelle & interaktive Promoter (VIP) stellt eine völlig neuartige Verkaufsplattform im Local Commerce dar. Durch die Einbindung direkter Bezahlschnittstellen wie beispielsweise die PayPal QR-Shopping-App oder das Routing auf den hauseigenen Online-Shop kann mit Hilfe von mobilen Endgeräten ein direkter Produktverkauf vor dem Schaufenster stattfinden. Somit kommt es zu einer Verschmelzung von Online- und Offlinekanälen am Point of Sale. Zum anderen soll die Wortmarke „The New Art of Shopping“ durchaus auch den darin enthaltenen künstlerischen Aspekt zum Ausdruck bringen. Als Full-Solution-Anbieter stellt ameria nicht nur die für die VIP-Installation benötige Hard- und Software zur Verfügung. Durch hochindividuelle Kreativkonzepte, die wir auf Grundlage der Kundenanforderungen und definierten Zielen entwickeln, sichern wir eine nachhaltige Wahrnehmung.
Location Insider: Inwiefern sind die Schaufenster interaktiv? Reicht es für mehr als ein High Five?
Albrecht Metter: Die Interaktion mit dem VIP basiert auf Grundlage von Gestensteuerung mit der Microsoft Kinect. Die Technik dahinter, welche ursprünglich aus dem Bereich des Home-Entertainment kommt, ist sehr ausgereift und bietet eine Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten. Neben der ganzheitlichen Erkennung von vorbeilaufenden Passanten und deren Silhouetten können die einzelnen Fragmente des menschlichen Skeletts erkannt werden und ermöglichen eine sehr genaue Ansteuerung. Darüber hinaus kann die Interaktion auch in Form von Sprachsteuerung stattfinden. Technisch gesehen sind einer vielfältigen Interaktion somit kaum Grenzen gesetzt. Schwieriger dabei ist das behutsame Heranführen der Konsumenten an die neue Technik. Bei einer Erstinstallation raten wir dazu, zunächst mit einer sehr intuitiven Interaktion, wie beispielsweise dem Durchwischen verschiedener Themen, Produkte etc. von rechts nach links, zu beginnen. Konsumenten haben so die Möglichkeit, sich schrittweise an die Gestensteuerung zu gewöhnen. Der Interaktionsgrad kann innerhalb anschließender Folgeapplikationen dann stets gesteigert werden. Somit wird außerdem der Erhalt des Aufmerksamkeitslevels gesichert.
Location Insider: Bis zu welchem Punkt kann ein interaktiver Verkäufer mit mir agieren? Kann ich passende Kleidung tatsächlich kaufen?
Albrecht Metter: Inwiefern und wie lange ein interaktiver Verkäufer involviert ist, hängt ganz von der gewünschten Konzeptionierung und der Programmiertiefe der VIP-Anwendung ab. Die Promotion von Produktaktionen, Sonderangeboten oder eine Aufforderung zur Anprobe kann durch einen virtuellen Verkäufer problemlos abgebildet werden. Eine konkrete Beratungsfunktion – vergleichbar mit ausgebildetem Fachpersonal – gestaltet sich schwieriger. Aufgrund unterschiedlicher Anforderungen während Ladenöffnungs- und Schlusszeiten raten wir dazu, verschiedene Anwendungen mit verschiedenen Zielrichtungen im Tag- und Nachtbetrieb laufen zu lassen. Beim Tagbetrieb geht es hauptsächlich darum, die Frequenz in den Laden zu steigern. Das Fachpersonal vor Ort hat sodann die Möglichkeit, die Konsumenten fachmännisch zu beraten. Im Nachtbetrieb geht es vielmehr darum, einen zusätzlichen Verkauf von Produkten oder das Routing auf die Homepage oder den Online-Shop zu gewährleisten. Eine virtuelle Anprobe ist hier durchaus abbildbar – der anschließende Produktkauf ebenfalls.
Location Insider: Bleibt „Lena“, die digitale Person im Schaufenster, auch zu sehen, wenn Sonne auf die Scheibe scheint? Oder sollen die Kunden diese Form des Shoppings ausschließlich nach Ladenschluss nutzen?
Albrecht Metter: Lediglich bei direkter Sonneneinstrahlung auf die Schaufensterscheibe kommt es zur Zeit noch zu Beeinträchtigungen der VIP-Installation. Gewöhnliches Tageslicht, ohne direkte Sonneneinstrahlung, stellt keinerlei Probleme dar. Durch Variation verschiedener Transparenzgrade der Folien, welche auf der Schaufensterscheibe montiert sind, haben wir die Möglichkeit der „Sonnenproblematik“ gezielt entgegenzuwirken – Hier arbeiten wir stetig an Optimierungen.
Location Insider: Wie registriert das System denn, ob die Kunden glücklich oder unglücklich sind?
Albrecht Metter: Diese Funktion ist momentan noch Zukunftsmusik. Die Kombination unserer hauseigenen Software mit der Microsoft Software kann dies zukünftig jedoch problemlos abbilden.
Location Insider: Was machen potenzielle Kunden, die kein Smartphone besitzen? Gehen die leer aus?
Albrecht Metter: Die Einbindung von Funktionen für Smartphone-Nutzer, wie QR-Codes, sind nicht zwingend notwendig. Es gibt eine Vielzahl möglicher Interaktionsvarianten, die keinen Einsatz von Smartphones bedingen. Ein direkter Verkauf via VIP-Anwendung kann jedoch lediglich mit Hilfe mobiler Endgeräte stattfinden.
Location Insider: Sind die interaktiven Schaufenster bereits im Einsatz? Wenn ja, wo genau und wie werden sie angenommen?
Albrecht Metter: Die erste VIP-Anwendung war im Rahmen einer 8-monatigen Testphase im Schaufenster des Consumer Electronics Anbieters Hirsch+Ille von Januar bis August 2013 in Mannheim zu sehen. Die Testinstallation hat bereits eine Menge Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Neben einer Reihe an Presseberichterstattungen in der Lokalpresse sowie Fachmagazinen konnte die Testfiliale ein Umsatzplus von 11,3 Prozent innerhalb der 8 Monate verzeichnen. Im September 2013 wurde das Standardprodukt, der VIPone, zum ersten Mal der Öffentlichkeit auf der dmexco in Köln vorgestellt. Das Resultat war eine Vielzahl interessierter Fachbesucher und initiale Kundenbeauftragungen. Der erste kommerzielle Roll-Out findet nun im Januar 2014 in drei deutschen Großstädten statt. Weitere Details dazu können wir aufgrund von Vertraulichkeit derzeit noch nicht herausgeben.
Location Insider: Stichwort Cross-Channel-Commerce: Wie verbinden Sie Ihre Lösungen auf verschiedenen Plattformen?
Albrecht Metter: Der VIP ist sowohl Informations- als auch Vertriebskanal. Aktionen, beispielsweise zur Steigerung der Markenbekanntheit, können durch die Verknüpfung mit Social Media Kanälen realisiert werden. So werden zum einen die Angebote innerhalb des VIP im Social Web verbreitet, als auch der VIP als neuer Kommunikationskanal. Ein vollständiger Kaufprozess von der Produktpräsentation und -auswahl bis hin zum Bezahlprozess wird mit der Einbindung von PayPal QR-Shopping direkt realisiert oder über das Routing in bestehende Online-Shop Systeme. Die Warenbestände, speziell bei limitierten Sonderaktionen relevant, können über die Anbindung an ein Warenwirtschaftssystem auch mit dem VIP Kanal synchron gehalten werden.
Location Insider: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft? Könnte man ihre Lösung u.U. mit Bluetooth LE oder anderen Konzepten erweitern?
Albrecht Metter: Unser Plan ist es, ein skalierbares und preislich attraktives Produkt zu vermarkten, das mit Hilfe einer Standardplattform weltweit eingesetzt werden kann. Externe Agenturen werden zukünftig ebenfalls die Möglichkeit haben, Kreativkonzepte für den VIP zu entwickeln, sodass das Bottle Neck nicht bei uns liegt.
Location Insider: Vielen Dank für das Interview.
Quelle: Location Insider, 19. Dezember 2013 - zum Interview